„Los, komm!“, rief ich meiner
großen Schwester freudig zu und lief auf den Wald zu. Es war ein
sonniger Tag, die Sonnenstahlen spiegelten sich im Wasser des kleinen
Teichs und das Grad hatte eine satte grüne Farbe. Voller Elan und
guter Laune lief ich über die Wiese und drehte mich im Keis, atmete
die warme Sommerluft. Ein paar Meter weiter standen die ersten Bäume
und kurz dahinter begann auch der einladend wirkende Wald. „Halt,
warte! Lauf doch nicht so schnell!“, ref mir meine Schwester
hinterher. Ich blieb kurz stehen und wartete auf sie. Ein paar
Sekunden später stand sie keuchend neben mir. „Mein Gott, bist du
schnell!“, sagte sie ganz außer Atem. „Nein, gar nicht. Du bist
nur zu langsam!“, kicherte ich und hüpfte nun fröhlich auf den
Wald zu. Meine Schwester lief hinter mir her. Wir kamen auf den
Hauptpfad, der in tiefer den Wald führte. Es war ein Sandweg und ich
spürte eben diesen sanft unter meinen Füßen. Wir gingen weiter in
den Wald hinein. Die Vögel zwitscherten fröhlich und die Atmosphäre
war einfach nur wunderbar. Plötzlich entdeckte ich etwas, was mir in
meinen voherigen zahlreichen Besuchen im Wald nie aufgefallen war.
Ein kleiner, kaum sichtbarer Pfad zweigte sich vom Hauptpfad ab und
lud mich gerade so ein. „Sieh mal!“, sagte ich und zupfte meiner
Schwester am Saum ihres Kleides. „Was ist denn?“, fragte sie.
„Der Pfad da! Können wir da nicht langgehen? Da waren wir noch
nie!“, antwortete ich aufgeregt und sah sie bittend an. „Mir ist
nie aufgefallen, dass es dort weitergeht“, wunderte sie sich. Ein
wenig zögernd ging sie auf den verborgenen Pfad zu und schob die
Blätter zur Seite. Ich folgte ihr neugierig. Der Pfad war extrem
schmal und an den Seiten sicht bewäldert und beblättert. Auf einmal
lichtete sich der Pfad und eine große Lichtung kam zum Vorschein.
Das Gras duftete und war von einem intensiven Grün, welches ich noch
nie zuvor gesehen hatte. Eine Menge spezieller Blumen wuchsen
dazwischen, die meisten in einem schönen Violett. In der Mitte der
Lichtung war ein kleiner Hügel, auf dem eine einzelne, hell
erleutete Blume wuchs. Sie hatte mein Interesse geweckt, also ging
ich darauf zu, um sie mir genauer anzusehen. Von weitem sah sie aus
wie alle anderen auch, aber je näher ich kam, desto mehr fielen mir
die Unterschiede zwischen dieser und all den anderen Blumen auf der
Lichtung auf. Sie hatte die selbe Form und die selbe violette Farbe,
doch an den Rändern hatte sie einen silbernen Streifen. Nun stand
ich direkt vor der Blume und blickte auf die Blüte herab. Das, was
ich dort sah, faszinierte und schockierte mich gleichermaßen. Dort,
wo bei einer gewöhnlichen Blume das gelbe Innere war, war hier
tiefschwarz und sah aus, wie ein dunkles Loch. Ich schluckte und es
lief mir kalt den Rücken herunter. Es war, als könnte ich in die
tiefsten Weltschmerzen und die Trauer einer Seele blicken. Schnell
drehte ich mich um, lief zurück zu meiner Schwester, umklammerte sie
am Oberkörper und schluchzte leise. „Hey, was ist denn los?“,
fragte sie besorgt und streichelte mir über den Kopf. „Ich...können
wir bitte gehen?“, fragte ich zaghaft. „Ja, natürlich“,
antwortete sie und nahm mich auf den Arm. Ich vergrub mein Gesicht in
ihren Haaren und wollte nicht mehr aufblicken, bis wir wieder zu
Hause waren. Sie drückte mich kurz an sich und machte sich auf den
Weg, zurück über den Pfad und zurück auf den Hauptpfad. Je weiter
wir von der Lichtung weg kamen, desto ruhiger wurde ich. „Wir sind
gleich da“, sagte meine Schwester mir. Ich nickte beruhigt, doch
aufsehen wollte ich immer noch nicht. Dann passierte alles viel zu
schnell. Ich hörte Schritte, einen lauten Knall. Meine Schwester
stolperte und kippte nach vorne. Ich kniff weiterhin die Augen
zusammen und spürte einen dumpfen Aufprall und etwas heißes,
flüssiges. Ich riss die Augen auf. Ein weiterer Knall. Ich fiel.
Tief. Sehr tief. In ein schwarzes Loch. Wie das Innere der Blume auf
der Lichtung. Ich wollte schreien, aber es ging nicht. Ich wollte
mich bewegen, aber es ging nicht. Ein stechender Schmerz. Und ich
spürte nichts mehr.
January 25, 2016
Etwas fehlt
Es ist mir egal
Du bist mir egal.
Mir ist alles egal.
Die Welt zieht an mir vorüber.
Das Leben auch.
Ich schaue ihm hinterher.
Damals.
Da gab es den einen oder anderen
schönen Moment.
Ich sehe ihnen hinterher.
Sie sind vorbei.
Zählen nicht mehr.
Wofür auch?
Was bringt es mir?
Es ist vorbei.
Es ist vorbei.
Ich musste lernen, damit zu leben.
Und das habe ich.
Es ist mir so egal.
Du bist mir egal.
Einfach raus aus meinem Leben.
Für immer.
Und doch fühle ich mich so leer.
Etwas fehlt.
Immer noch.
Oder wieder?
Ich weiß es nicht.
Es fehlt.
Es fehlt und lässt einen leeren Fleck
in meinem Herzen.
Ich weiß, was es ist.
Und ich will es nicht wahrhaben.
Ich will es nicht einsehen.
Ich will es nicht.
Ich kann es nicht.
Es würde alles zerstören.
Und auch, wenn es mich auffrisst.
Ich kann so etwas wichtiges nicht
zerstören.
Wellen
Wellen.
Sie sind wie das Leben.
Sie kommen und gehen.
Sie bauen sich auf und werden kleiner, bis sie am Ende ganz verschwinden und eine neue Welle entsteht.
Sie kommen und gehen.
Sie bauen sich auf und werden kleiner, bis sie am Ende ganz verschwinden und eine neue Welle entsteht.
Oder sie gelangen ans Ufer und brechen.
Fallen sanft in sich zusammen.
Oder stoßen auf Hindernisse. Eine
Steilküste, ein Fels in der Brandung. Sie rasen darauf zu, schlagen
mit voller Wucht dagegen und zerspringen. So weit, wie Wasser eben
zerspringen kann.
Manchmal holt eine Welle eine andere
ein und überwältigt diese. Oder sie fügen sich zu einer zusammen.
Und dann sind da noch die Surfer und
Jetski-Fahrer. Sie fahren über das Wasser ohne Rücksicht darauf,
dass sie die Wellen beschädigen oder zerbrechen können.
Scherben unserer Zeit
Ich laufe durch die Straßen
Und alles zieht an mir vorbei
Ich habe das Gefühl, du stehst hinter
mir
Doch da war nichts mehr von dir
Ich wünscht, du wärst noch bei mir
Ich wünscht, ich könnt in deine Augen
seh'n
Erinn're mich an alte Zeiten
Und die Gegenwart bleibt stehen
Ich wollte wieder bei dir sein
Doch du bist fort und mir wird klar
Die Entfernung zwischen uns
ist lange nicht mehr wie sie einmal war
Ich wünscht, du wärst noch bei mir
Ich wünscht, ich könnt in deine Augen
seh'n
Erinn're mich an alte Zeiten
Und die Gegenwart bleibt stehen
Mein Inneres zerbricht in kleine Stücke
Jedes einzelne dieser Teile
Erzählt eine Geschichte
Ich wünscht, du wärst noch bei mir
Ich wünscht, ich könnt in deine Augen
seh'n
Erinn're mich an alte Zeiten
Und die Gegenwart bleibt stehen
Schwelge in Erinnerungen und denke an
dich
Flüstere deinen Namen in die Nacht,
hörst du mich?
Schaue in die Sterne, stehe neben mir
Und irgendwann bin ich bei dir
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